Tegernheim. (hw) Traditionsgemäß führte die Tegernheimer SPD am Tag der deutschen Einheit ihren Ortsvereinsausflug durch. Auch heuer standen dabei mit dem Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Flossenbürg und des WAA-Geländes in Wackersdorf zwei geschichtsträchtige Orte auf dem Programm, betonte Vorsitzender Reinhard Peter in seiner Begrüßung.
In Flossenbürg angekommen, besichtigten die Tegernheimer Sozialdemokraten unter der sachkundigen Führung von zwei Mitarbeitern des Gedenkstättenkomitees die Außenanlagen und das vor rund einem Jahr neu eröffnete Museum in der ehemaligen Wäscherei. Dabei erfuhren die Besucher, dass im 1938 errichteten KZ Flossenbürg und seinen 92 Außenlagern insgesamt rund 100.000 Menschen, in der Mehrheit aus Osteuropa stammend, eingekerkert waren und unter unmenschlichen Bedingungen in den Granitsteinbrüchen arbeiten mussten. Entsprechend dem Motto der Naziherrscher, "Vernichtung durch Arbeit" verloren rund 30.000 Menschen ihr Leben. Diese Märsche führten zumeist über Regensburg und seine nähere Umgebung. Bei der Besichtigung des so genannten Arrestbaus erfuhren die Besucher, dass neben zahlreichen namenlosen Opfern in Flossenbürg auch Regimekritiker oder Mitglieder der Verschwörergruppe vom 20. Juli 1944 ermordet wurden. Prominenteste Opfer in den letzten Kriegstagen waren der Chef der Spionageabwehr, General Canaris, und der evangelische Theologe Friedrich Bonhöfer, die im April 1945 im Hof erhängt wurden. Besonders beeindruckt zeigten sich die Teilnehmer neben den noch erhaltenen Gebäuden, den Wachtürmen und dem Krematorium von der neuen Ausstellung und dem gezeigten Film im neuen Museum.
Am Nachmittag besichtigte die Reisegruppe unter Führung eines Wackersdorfer SPD-Mitglieds, das ehemalige WAA-Gelände. Dieses heute als Innovationspark bezeichnete Gelände mit zahlreichen Betrieben aus der Kunststoff- und Autozulieferindustrie wurde zu Beginn der 80er Jahre unter dem damaligen Ministerpräsidenten Franz-Josef Strauß als Standort für eine Wiederaufbereitungsanlage für atomare Brennstäbe freigegeben.
Allerdings lösten die Rodung des Geländes und der Baubeginn eine große und in den Jahren 1985/86 auch gewalttätige Protestwelle aus. Zu den Großdemonstrationen kamen zum Teil über 150.000 Menschen aus ganz Bayern und Deutschland angereist, erzählte der Führer. Dieser Widerstand sowie auch wirtschaftliche Überlegungen gaben letztlich den Ausschlag für das Ende der bereits zum Teil gebauten Anlage.
Bei der Besichtigung der spärlichen Überreste aus der Protestzeit, unter anderem das bundesweit bekannte "Martel", erinnerten sich einige Mitfahrer noch recht gut an ihren eigenen Protest und die massiven Polizeieinsätze vor 20 Jahren. Insgesamt, so teilte der Wackersdorfer SPD-Mann mit, seien annähernd zwei Milliarden DM (rund eine Million Euro) damals sinnlos vernichtet worden. Allerdings, so räumte er ein, seine Heimatgemeinde habe von der später erfolgten Betriebsansiedlung und den Freizeitseen in der Umgebung erheblich profitiert. Es gebe aber noch heute in Wackersdorf tief sitzende Feindschaften, sogar innerhalb einzelner Familien, zwischen Befürwortern und Gegnern der Atomanlage. Er empfahl allen Interessierten, vor allem aber der jüngeren Generation, den Film "Spaltprozesse", der eindringlich die damalige Situation zeigt. Zum Ausklang des Ausfluges kehrte die Reisegruppe in einem Lokal am Murner See ein, wo sich alle einig waren, einen informativen Tag verlebt zu haben.
(Bericht der Donau-Post vom 9. Oktober 2008)