Aus dem Ortsverein 2004

Tegernheim. Zur jüngsten öffentlichen Versammlung im Gasthaus Götzfried konnte Vorsitzender Meinrad Hirschmann zahlreiche Mitglieder sowie politisch interessierte Mitbürger begrüßen. Sein besonderer Gruß galt den beiden Neumitgliedern Armin Schmid und Michael Dube, denen er zu Beginn ihre Parteibücher überreichte. Ihre Bereitschaft, in dieser für die Sozialdemokraten politisch schwierigen Zeit beizutreten, verdiene hohe Anerkennung, meinte Hirschmann unter dem Beifall der Anwesenden. Neben der Arbeitsmarktpolitik und den Neuregelungen durch "Hartz IV", über die dritter Bürgermeister Reinhard Peter referierte, diskutierten die Anwesenden auch kommunalpolitische Themen.

In seiner Einleitung verwies Hirschmann darauf, dass die SPD ohne die so genannten Hartz-Gesetze sicher einige Probleme weniger hätte. Es sei allerdings unstrittig, dass ein dringender Reformbedarf gegeben war, da die Arbeitslosigkeit sowohl für den Einzelnen wie auch den Staat ein großes Problem darstelle. 19.000 Euro koste ein Arbeitsloser durchschnittlich pro Jahr. Arbeitslosigkeit macht die "Betroffenen krank und den Staat arm", führte Hirschmann aus. Er verwies ferner darauf, dass in der Hartz-Kommission Politiker aller Parteien sowie Wissenschaftler und Gewerkschafts- und Arbeitgebervertreter die heutigen Gesetze erarbeiteten.

Die neue Arbeitsmarktpolitik

Reinhard Peter, der aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit zur Zeit auch stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsbeirates der Agentur für Arbeit in Regensburg ist, gelang es mit zahlreichen Beispielen, die Neuregelungen und ihre Auswirkungen anschaulich zu vermitteln. Zu Beginn seiner Ausführungen ging der Referent kurz auf das Problem der Arbeitslosigkeit ein, die er als Folge der großen Rationalisierungen in den Betrieben darstellte. Bereits die Kohl-Regierung habe deshalb mit ersten gesetzlichen Regelungen die Leistungen der Arbeitslosen beschnitten. Mit den Hartz-Gesetzen I, II und III habe der Gesetzgeber weitere "einschneidende Maßnahmen" umgesetzt. So werde seit 2003 eine verspätete Meldung der Kündigung mit einem Bußgeld belegt und die Bezugsfrist des Arbeitslosengeldes auf zwölf oder 18 Monate verkürzt.

Das "Hartz IV-Gesetz" beinhalte vor allem die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe zum so genannten Arbeitslosengeld II. Der Begriff sei eigentlich falsch, sagte Peter, da das Arbeitslosengeld eine Versicherungsleistung und das Arbeitslosengeld II eine steuerfinanzierte Sozialleistung des Staates sei. Auch die bis Ende des Jahres gezahlte Arbeitslosenhilfe sei eine Sozialleistung des Staates gewesen, während die Sozialhilfe durch die Kommunen und Landkreise aufgebracht wurde. Ziel der Zusammenführung sei vor allem eine vereinfachte Verwaltung und bessere Vermittlungsleistung für Menschen ohne Arbeit.

Anhand von Zahlenbeispielen zeigte Peter auf, dass das Arbeitslosengeld II in etwa der bisher geltenden Arbeitslosenhilfe eines Durchschnittsverdieners entspreche. Gegenüber der früheren Sozialhilfe ergebe sich sogar eine Steigerung. Konkret nannte er folgende Zahlen: Eine Familie mit zwei Kindern und einem arbeitslosen oder arbeitsunfähigen Ernährer erhält als Regeleistung ab Januar 2005 etwa 1.500 Euro im Monat.

Im Einzelnen erhält der Familienvorstand 345 Euro, der Ehegatte 311, ein Kind unter 14 Jahren 207 und über 14 Jahren 276 Euro. Außerdem gibt es einen Zuschuss für Wohnung und Heizung von rund 360 Euro. Der alte Sozialhilfesatz lag für einen Haushaltsvorstand bei 295 Euro, für den Ehegatten bei rund 236 und für Kinder zwischen 150 und 265 Euro. Weniger Geld würden nach Hartz IV allerdings ehemalige Besserverdienende erhalten.

Peter verwies ferner darauf, dass Arbeitslosen- und Sozialhilfe auch bisher nur bei Bedürftigkeit bezahlt wurden, das heißt, die Betroffenen durften kein eigenes Vermögen besitzen. Dies gelte auch zukünftig, allerdings seien die Freibeträge deutlich erhöht worden. Einschließlich eines Altersvorsorgebeitrages liege sie bei 52.000 Euro bei Verheirateten. Unangetastet bleibe auch ein eigenes Haus sowie Auto. Neu ist allerdings nach Hartz IV, dass die Leistungen im zweiten und dritten Jahr des Bezugs etwas sinken. Allerdings dürfe jeder Empfänger bis zu gewissen Grenzen ab 2005 hinzuverdienen. Die Leistungen können jedoch auch verringert werden, wenn sich Betroffene nicht um Arbeit bemühen oder angebotene Stellen ohne ausreichende Begründung ablehnten.

"Große Ungerechtigkeit"

In der anschließenden Diskussion sah Werner Laudehr in der Reduzierung des Arbeitslosengeldbezuges eine große Ungerechtigkeit. Wenn jemand 40 Jahre gearbeitet habe und über 55 Jahre alt sei, erhalte er auch nur noch 18 Monate Arbeitslosengeld. Gerade für ältere Arbeitnehmer sei diese Regelung zweifach belastend, da auch die Rente ab 60 Jahren mit 18 Prozent Abzug berechnet werde.

Herbert Wesselsky bedauerte, dass die Regierung viel zu wenig Aufklärung betrieben habe. Dies habe im Osten viele Menschen völlig unbegründet auf die Straßen getrieben und den radikalen Parteien zu den letzten Wahlerfolgen verholten. Angesichts der Geldleistungen nach dem Arbeitslosengeld II seien diese massiven Proteste im Osten seiner Meinung nach nicht gerechtfertigt. Meinrad Hirschmann schließlich drückte die Hoffnung aus, dass die Neuregelung zum Abbau der Arbeitslosigkeit betragen werde. In vielen Orten habe bereits die Diskussion um Hart/. IV dazu geführt, dass manche offene Stelle mit einem Arbeitslosen besetzt werden konnte. Hirschmann verwahrte sich auch gegen die Behauptung, die SPD habe sich vom Sozialstaat verabschiedet Im Haushalt 2005 seien 64 Prozent der Ausgaben für Sozialleistungen eingeplant.

Gemeinderat Herbert Wesselsky informierte die Anwesenden über die Beschlüsse aus der letzten Gemeinderatssitzung. Unter anderem habe die SPD-Fraktion zwei Arbeitskreise befürwortet, die sich mit der Reduzierung der Defizite bei den Kindergärten und der Mehrzweckhalle beschäftigen werden. Wesselsky setzte die Anwesenden ferner davon in Kenntnis, dass die Gemeinde eine Steuernachzahlung von über 800.000 Euro erhalten habe. Zum Abschluss teilte Meinrad Kirschmann noch die nächsten Termine des Ortsvereins mit. So findet am 17. Oktober der Ortsvereinsausflug statt (Anmeldung bei Reinhard Peter), am Samstag, 23. Oktober, wird die Gemeinderatsfraktion eine Ortsbegehung durchführen und am 26. Oktober werden in einer öffentlichen Versammlung kommunalpolitische Themen im Mittelpunkt stehen.

(Bericht der Donau-Post vom 28. September 2004)