Tegernheim. (hw) Mit der Abkürzung "STS", Stillstand, Trägheit und Selbstherrlichkeit, charakterisierte Gemeinderat Meinrad Hirschmann die kommunalpolitische Entwicklung in Tegernheim im zu Ende gehenden Jahr. Vor allem die Arbeit des Bürgermeisters lasse sehr zu wünschen übrig. Neben fehlenden oder unzureichenden Informationen sei vor allem die Umsetzung von Gemeinderatsbeschlüssen mangelhaft. SPD-Fraktionssprecher Herbert Wesselsky und dritter Bürgermeister Reinhard Peter hatten zuvor in einleitenden Redebeiträgen am Dienstag in der Gaststätte Götzfried zahlreiche Beispiele für diese Einschätzung aufgezeigt. Auch in der anschließenden Diskussion sparten die zahlreich erschienenen Mitglieder und Bürger nicht mit Kritik an der derzeitigen Situation.
"Nicht jedes Jahr kann es so zahlreiche Aktivitäten wie im Tegernheimer Jubeljahr 2001 geben", leitete Herbert Wesselsky seine Ausführungen ein, aber die Gemeindepolitik könne auch nicht lange "einen Stillstand wie in diesem Jahr" vertragen. Außer dem von der Kirchenstiftung eingeforderten Beschluss zum Neubau des Schutzengelkindergartens sei keine größere gemeindliche Aufgabe gelöst worden. Wesselsky erinnerte in seinen Ausführungen unter anderem an die bis heute fehlende Vereinbarung mit dem Grundstückbesitzer des ehemaligen Nettomarktes zum Bau der Verbindung zwischen der Hoch- und Lutherstraße zur Von-Heyden-Straße und damit zum Kreisel. Nachdem der Bürgermeister im August eigenmächtig zwei große Pappeln umsägen ließ und dies mit dem Hinweis auf eine vertragliche Einigung mit dem Grundstücksbesitzer erklärt wurde, sei er in der letzten Sitzung mehr als erstaunt gewesen, dass es bis dato keine Vereinbarung gibt. Mit dem vorzeitigen Abholzen der beiden großen Bäume habe der Bürgermeister eine einseitige Vorleistung erbracht.
Erhöhung nicht rechtens
Als weiteren Punkt sprach Wesselsky das Thema "Änderung der Wasser- und Abwassersatzung sowie der Gebühren" an. Nachdem bereits im Oktober 2001 eine Tischvorlage des Ingenieurbüros vorgelegen habe, kam diese Thematik erst im Juni 2002 auf die Tagesordnung. Leider musste die damals eilig beschlossene Erhöhung der Gebühren zum 1. Juli in einer der nächsten Sitzungen wieder rückgängig gemacht werden. Trotz kritischer Nachfragen im Gemeinderat hatten Bürgermeister und Verwaltung erklärt, eine Erhöhung zur Jahresmitte ohne Abrechnung sei rechtlich einwandfrei. Aufgrund der verspäteten Erhöhung der Anschluss- und Verbrauchspreise fehle im Gemeindesäckel eine sechsstellige Summe. Trotz mehrfacher Beratungen und zahlreicher Gespräche mit den Bürgern konnte bis heute noch keine Lösung für das Problem der Straßenabrechnung und der Vervollständigung der Straße "Am Mittelberg" sowie der Erschließung des oberen Bereiches im Baugebiet "Am Hang" erzielt werden. Problematisch sei für ihn vor allem die Tatsache, dass der Gemeinderat zumeist letzter von den Problemen erfahre, so Wesselsky.
Wenig überzeugend sei das Verhalten des Gemeindeoberhauptes auch im Zusammenhang mit Entscheidungen um den Sportverein gewesen. Ohne Rücksicht auf die zahlreichen Sporttreibenden habe es Hofer unterlassen, zu einvernehmlichen Lösungen zwischen Sportverein und Gemeinde beizutragen. Das Hin und Her um die aufgestellten Container sowie um die erweiterte Vereinbarung zur weiteren Nutzung von Räumen in der Mehrzweckhalle und das Sperren des Stromes seien ein beredtes Zeugnis.
Regierung soll klären
Wesselsky erinnerte auch, dass der Bürgermeister noch im Januar 2002 dem Verein ohne Kenntnis des Gemeinderates Arbeits- und Maschinenstunden von über 20000 Euro zugesagt habe. Das von ihm eingeleitete Dienstaufsichtsverfahren habe die Unrechtmäßigkeit dieses Vorgehens auch bestätigt, das Landratsamt habe aber keine disziplinarischen Maßnahmen ergriffen, da der Gemeinde kein Schaden entstanden sei. Auch das gegen ihn vom Bürgermeister ausgesprochene Redeverbot sei nicht gerechtfertigt gewesen. Da auch hier das Landratsamt das Vorgehen des Bürgermeisters nachträglich gebilligt habe, habe er, Wesselsky, nunmehr die Regierung der Oberpfalz um Klärung gebeten.
Ergänzend dazu führte Gemeinderat Meinrad Hirschmann aus, dass er mittlerweile ebenfalls die Rechtsaufsicht eingeschaltet habe, weil er auf zwei im Juli und September gestellte Anfragen bis heute keine Antwort vom Bürgermeister erhalten habe. Bei seiner Nachfrage gehe es um den Sachverhalt, warum ein Investor den für den Bau des Kreisels am 15. Mai 2002 vereinbarten Zuschusses in Höhe von 38.000 Euro bis heute nicht bezahlt habe. Hirschmann kritisierte auch die Verzögerungen bei der für dieses Jahr geplanten Kanalvermaschung im westlichen Ortsbereich, weswegen die Baumaßnahme heuer wahrscheinlich nicht mehr zur Ausführung komme. Mit Unverständnis reagierten die Anwesenden auch auf die Aussage von Hirschmann, dass für die im Oktober letzten Jahres durchgeführte Fahrt zur polnischen Partnergemeinde trotz mehrmaliger Hinweise bis heute noch keine Abrechnung durch die Gemeinde erfolgt sei.
Unaktuelle Website
In der anschließenden Diskussion standen neben dem Thema Erschließung "Am Mittelberg" vor allem die neue Wasser- und Abwassersatzung sowie der Gemeinderatsbeschluss zur Erhebung von Verwaltungskosten im Mittelpunkt. Einig waren sich zahlreiche Diskussionsteilnehmer auch, dass der Bürgermeister die Gemeinderäte umfassend und rechtzeitig informieren und dessen Beschlüsse unverzüglich umsetzen müsse. Arno Pichler sah neben zahlreichen Ungereimtheiten am Mittelberg verschiedene unklare Formulierungen in der Wasser- und Abwassersatzung gegeben. Unter anderem sei in einem Paragrafen davon die Rede, dass Brunnenbesitzer pro Jahr und Person 15 Kubikmeter Abwasser zusätzlich zahlen sollten. Hierzu sagte Herbert Wesselsky, dass diese Pauschale seines Wissens nur für Haushalte mit Grundwassernutzung für Toiletten und ähnliches gelte, was aus dem Text diese Abgrenzung aber nicht unbedingt klar hervorgehe. Außerdem kritisierte Pichler den Internetauftritt der Gemeinde, der anscheinend seit Monaten nicht mehr gepflegt werde. So seien unter der Rubrik Termine noch die Gemeinderatssitzungen aus dem Jahre 2002 aufgelistet.
Erwin Bösl berichtete, dass im Sommer über eine längere Zeit hinweg der Bolzplatz im Norden des Sportzentrums mit Leitungswasser gespritzt wurde, ohne dass eine Wasseruhr eingebaut war. Heftig beklagte er, dass trotz mehrmaliger Anrufe bei der Gemeindeverwaltung dieser Missstand nicht behoben oder Grundwasser zum Bewässern verwendet wurde. Lieselotte Dassberger bedauerte, dass es der Gemeinde nicht gelungen sei, den Linienbus aus Neutraubling aus der engen Ringstraße zu verbannen. Sie befürchte, dass es erst zu einem ernsten Unfall kommen müsse, damit dieser Missstand beendet werde und der Bus die ungefährliche Umkehr über der Kreisel wahrnehme.
(Bericht der Donau-Post vom 22. November 2003)