Tegernheim. (hw) Mit viel politischer Prominenz, darunter MdB Erika Simm, der Bezirksvorsitzende der Oberpfalz-SPD MdL Franz Schindler, Kreisvorsitzender Sepp Weitzer, Kreisrätin Anna Maria Förstner, Bürgermeister Karl Hofer und zahlreichen Mitgliedern und Gästen feierte der SPD-Ortsverein sein "mehr als 50-jähriges Bestehen". Vorsitzender Reinhard Peter entschuldigte sich eingangs für das ungewöhnliche Jubiläum. Bei den Nachforschungen für eine Chronik zur ursprünglich geplanten 50-Jahr-Feier war Schriftführer Meinrad Hirschmann auf alte Schriftstücke gestoßen, die eindeutig belegten, dass der Ortsverein bereits 1946 gegründet worden war.
In seiner Rede erinnerte Peter an die Anfänge und die lange Tradition der Sozialdemokraten im Ort. Mit Michael Wimmer senior habe die SPD von 1948 bis 1966 den ersten Bürgermeister und längere Zeit auch die Mehrheit der Gemeinderäte gestellt, in einer Wahlperiode sogar einmal acht von elf Gemeinderäten. Die Hauptprobleme damals waren die Integration der Flüchtlinge, der Wasserleitungs- und Straßenbau sowie die Ortsentwicklung. Trotz der beständigen Arbeit innerhalb der Gemeinde sei erst ab 1990 mit Helmut Kindl und ab 1996 mit Herbert Wesselsky wieder ein SPD-Politiker stellvertretender Bürgermeister gewesen.
"Der Ortsverein sei aber immer durch starke Persönlichkeiten im Gemeinderat vertreten gewesen", sagte Reinhard Peter. Unter anderem nannte er Alfred Hollein, Werner Laudehr und Heinrich Müller. Viele positive Veränderungen in der Gemeinde, so die Einführung der Tempo-30-Regelung, der Umbau der Hauptstraße und zuletzt das Gewerbegebiet Nord sowie die Fertigstellung der Zentralsportanlage seien auf Anregungen der SPD-Räte zurück zu führen. Trotz der engagierten und bürgernahen Arbeit im Ortsverein könne man sich dem derzeitigen Abwärtstrend in der SPD leider auch in Tegernheim nicht entziehen. Peter forderte deshalb die anwesenden Bundes- und Landesmandatsträger auf, wieder eine "erkennbare sozialdemokratische Politik" zu machen.
Nach einer musikalischen Einlage von Klaus Hofmann, der alte sozialdemokratische Arbeiterlieder vortrug, lobte Bürgermeister Hofer in seinem Grußwort die über 50-jährige politische Arbeit der SPD für die Bürger und die Gemeinde Tegernheim. Dabei seien manchmal auch schwierige Entscheidungen angestanden. Er drückte die Hoffnung aus, dass die SPD-Gemeinderatsvertreter auch in Zukunft sachlich mitarbeiteten. Dem Ortsverein wünschte er für die Zukunft alles Gute.
Erika Simm, SPD-Bundestagsabgeordnete und Unterbezirksvorsitzende, erinnerte an die lange Verbundenheit mit dem Ortsverein. Dass die Tegernheimer Sozialdemokraten immer politisch sehr aktiv waren, habe sie bereits bei einem ihrer ersten Wahlkampfauftritte 1986 gemerkt. Simm bedauerte, dass über die frühen Anfänge der SPD in einzelnen Landkreisgemeinden nur sehr wenig bekannt sei und versprach eine schnelle Initiative von ihrer Seite, diese Informationslücke zu füllen. Zur aktuellen Bundespolitik merkte sie an, dass die SPD nun den Preis dafür zahlen müsse, dass in der letzten Legislaturperiode nicht genügend Reformen gemacht wurden und man die wirtschaftliche Entwicklung zu positiv eingeschätzt habe. Den mit der Opposition ausgehandelten Kompromiss zur Gesundheitsreform verteidigte sie mit dem Hinweis, dass nur dadurch eine schnelle Umsetzung ermöglicht wird.
Kreisvorsitzender Sepp Weitzer vertrat die Auffassung, dass die lange Geschichte der SPD in Deutschland, Bayern und Tegernheim gezeigt habe, dass die Tradition der Hilfe für sozial Schwächere zu allen Zeiten und auf allen Ebenen eine große Aufgabe der Sozialdemokraten war. Er bedauerte jedoch, dass die jetzige Bundespolitik hier nicht überzeugend wirke. Weitzer erinnerte an die vielen Anträge des Tegernheimer Ortsvereins zu Landes- oder Bundesparteitagen und bat um die Fortsetzung dieser engagierten Politik. "Nicht wer nörgelt und sich zurückzieht, sondern nur wer mitmischt, verändert die Politik", folgerte Weitzer.
Franz Schindler, Landtagsabgeordneter und Bezirksvorsitzender der Oberpfalz-SPD, bezeichnete den Tegernheimer Ortsverein als einen der aktivsten in der Oberpfalz. Gerade diese Aktivitäten vor Ort sind Garant für den langfristigen politischen Erfolg. Er warnte davor, diese Arbeit zugunsten von groß angelegten Werbekampagnen aufzugeben. Beifall er hielt er für seine Aussage, dass die "Mitgliedschaft in der SPD, eine Herzensangelegenheit" sei. Gerade deshalb müsse die Niederlage bei der Landtagswahl schonungslos aufgearbeitet werden.
Viele Ehrungen
Im Anschluss an die Grußworte der Ehrengäste dankte Vorsitzender Reinhard Peter Susanne Bortfeldt Martin Bröcking-Bortfeldt und Manfred Greil für ihre zehnjährige Treue zur SPD und überreichte eine Urkunde und ein kleines Geschenk. Für seine 25-jährige Mitgliedschaft sowie für seine vielfältigen Aktivitäten, darunter auch als Ortsvereinsvorsitzender, bedankte sich Peter bei Erwin Schmid mit Urkunde und Präsent.
Eine besondere Ehrung erfuhren Dr. Wolfgang Roser und Herbert Wesselsky für ihre Verdienste um die SPD-Tegernheim, sie erhielten die Willy-Brandt-Medaille. Roser, der vor einigen Jahren aus Tegernheim weggezogen ist, war neben seiner Arbeit als langjähriger Gemeinderat 1974 auch der Initiator des "Tegernheimer Echo", einer Informationsschrift des Ortsvereins, die noch heute erstellt und verteilt wird. Dr. Roser dankte für die große Ehre und sagte, dass er sich gerne an seine Zeit in der Tegernheimer SPD erinnere.
Herbert Wesselsky erhielt die höchste Verdienstmedaille der SPD für sein großes Engagement in der Kommunalpolitik. Neben seiner sechsjährigen Arbeit als Vorsitzender übte und übt er verschiedene Weitere Parteiämter aus, darunter das Amt des Schriftführers, des Orgarnisationsleiters und des Redakteurs des Tegernheimer Echos. Außerdem wirkt Herbert Wesselsky seit mehr als zehn Jahren im Gemeinderat, zur Zeit als Fraktionssprecher. Reinhard Peter bezeichnete die Ehrung Wesselskys als besonderes Anliegen, da der Geehrte "immer den Kopf für die SPD hingehalten" habe, unter anderem auch bei seiner zweimaligen Bürgermeisterkandidatur. Wesselsky, der sichtlich von der Ehrung überrascht war, sagte, die Arbeit im Ortsverein und in der Gemeinde habe ihm persönlich immer viel Freude bereitet, vor allem auch wegen der guten Kameradschaft innerhalb der Mitglieder.
"Politisches Urgestein"
Eine Auszeichnung der besonderen Art, den vom Bundeskanzler und Parteivorsitzenden Gerhard Schröder persönlich unterzeichneten Ehrenbrief der Partei, erhielt mit Heinrich Müller ein "politisches Urgestein". Mit dieser Bezeichnung erinnerte Vorsitzender Reinhard Peter an das mehr als 30-jährige Wirken des Geehrten. Leider habe Müller vor einigen Jahren seine Gemeinderatstätigkeit und Parteiämter aus gesundheitlichen Gründen abgeben müssen, doch "schlägt auch das neue Herz noch am rechten Fleck". Müller habe neben zahlreichen Parteiämtern in Tegernheim unter anderem auch als Vorsitzender, viele Jahre als Gemeinderat gewirkt und im Unterbezirk gearbeitet. Seinem großen Engagement sei die Einführung der Tempo-30-Regelung zu verdanken. Müller habe bei all seinem Wirken niemals einen persönlichen Vorteil gesucht und leider auch wenig Anerkennung durch den politischen Gegner erfahren. Trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung stehe er aber dem Ortsverein nach wie vor mit Rat und Tat zur Seite, führte Peter aus.
Heinrich Müller bedankte sich für die große Auszeichnung und stellte fest, dass in der SPD zwar manchmal hart in der Sache gerungen, danach aber immer wieder freundschaftlich miteinander umgegangen wurde. Im Anschluss an den offiziellen Teil waren die Anwesenden zu einem bayerischen Büfett geladen, mit dem der Abend gesellig ausklang.
(Bericht der Donau-Post vom 13. Oktober 2003)