Die Genehmigung von zwei 6-Familienhäusern im Baugebiet "Am Hang-Weinbergstrasse" erregt derzeit die Gemüter. Aus baurechtlicher Sicht liegen folgende Tatsachen vor:
Im rechtskräftigen Bebauungsplan ist das Gesamtgrundstück geteilt in zwei Parzellen, ca. 800 m2 groß, bebaubar mit je einem Gebäude mit 2 Vollgeschossen U+E, mit einer Dachneigung von 20-22 Grad, max. 40 cm Kniestock, und mit ins Gebäude integrierten Garagen. Die Firstrichtung ist in Ost-West-Ausrichtung vorgeschrieben. Aufgrund der eingezeichneten Baugrenzen ist eine Bebauung mit freistehenden Einfamilienhäusern, in geplanter Größe sicher mit Einliegerwohnung, möglich.
Im Sommer 2003 wurde eine Bauvoranfrage des früheren Grundstücksbesitzers zur Errichtung von zwei 6-Familienhäusern von der Gemeinde positiv beschieden. Ein Schreiben der gesamten Nachbarschaft, in dem auf die Nichtzulässigkeit eines solchen Bauvorhabens hingewiesen wurde, lag der Gemeinde vor, wurde aber nicht beachtet.
Das Grundstück wurde verkauft und der neue Eigentümer beantragte eine Baugenehmigung zur Errichtung der zwei 6-FamiIienhäuser. Gemeinde und Landratsamt haben dies genehmigt - sicher nicht zuletzt wegen des genehmigten Vorbescheides.
Genehmigt wurden zwei Gebäude mit 3 Vollgeschossen E+1+D, mit 43 Grad Dachneigung, einem Kniestock von 75 cm. Firstrichtung Nord-Süd, mit Dachaufbauten in Form von vorspringenden Zwerchhäusern und Dachgauben. Die vorgegebenen Baugrenzen wurden nicht beachtet Auf dem Grundstück liegen 18 Autostellplätze, zum größten Teil entlang des Bienenwegs.
Die Genehmigung erfolgte lt. Auskunft des Landratsamts gemäß § 31 (2) 2. Baugesetzbuch. Die Abweichungen vom Bebauungsplan wären durch Ausnahmen und Befreiungen zulässig, was bei diesem Bauvorhaben so ausgelegt wurde. Im § 31 ist folgendes zu lesen: (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn 2. die Abweichung städtebaulich vertretbar ist und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Die Nachfrage bei Baurechtsfachleuten aus anderen Städten und Landkreisen ergab die einhellige Meinung: Ohne Änderung des Bebauungsplan und ohne Beteiligung der Nachbarn nicht genehmigungsfähig. Die städtebauliche Vertretbarkeit ist aufgrund der größeren Höhe, der geänderten Firstrichtung und der gesamten Gebäudeausmaße nicht gegeben. Nachbarliche Interessen wurden wegen der wesentlich höheren Baudichte (zwei 6-Familienhäuser statt 2 Einfamilienhäuser), der wesentlich größeren Höhe und geänderten Firstrichtung (z.B. Schattenwirkung) nicht berücksichtigt.
Ein direkt betroffener Nachbar versuchte das Bauvorhaben noch zu stoppen und wandte sich an das Verwaltungsgericht. Aber der zuständige Richter fand vorerst keinen Grund, an der Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung zu zweifeln. Verständlich wird diese richterliche Entscheidung, wenn man weiß, dass hierfür wiederum das Landratsamt - also die genehmigende Behörde - eine Stellungnahme abgegeben hat. Der Vergleich "gegen eine Wand zu rennen", ist hier für den Nachbarn sprichwörtlich richtig.
Michael Bach